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Es ist kein strategischer Vorteil im Verkauf der Zweitbilligste zu sein

Vor einigen Jahren habe ich einen Video-Kurs entwickelt. 

So eine Art Mini-Crah-Kurs in Marketing und Verkauf für Kleinunternehmer und Freelancer. 

Gemacht habe ich das, weil das damals modern war. 

Und weil mir diese Idee vom “passiven Einkommen” sehr sympathisch war – also die Idee, nebenbei ein wenig Geld zu verdienen, ohne extra dafür zu arbeiten. 

So nach der Art: Ich entwickle einen Video-Kurs, stelle ihn auf eine dieser Plattformen und bekomme dann hundert oder zweihundert Euro pro Monat dafür – ganz automatisch. 

Dann noch einen Kurs und noch einen, das Ganze mal 10, dann krieg ich schon ein, zwei Tausender im Monat, selbst wenn ich nur am Strand liege. 

Klingt doch nach einer guten Idee, oder? Aber funktioniert sie auch? 

Hier meine Erkenntnis: Ja, sie funktioniert. 

Ich habe meinen Kurs eingestellt, und tatsächlich wurde der verkauft. Zwischen 20 und 40 mal im Monat und selbst bei der mickrigen Provision, die meine Plattform Udemy zahlt, war das genau dort, wo ich mir das vorgestellt hatte. 

Das Problem: so einen Kurs zu entwickeln – vor allem einen guten Kurs mit guten Inhalten, der gut aussieht und alles gut erklärt – ist eine Menge Arbeit. Gute zwei Wochen Arbeit sind das auf alle Fälle. 

Wenn ich heute so viel Zeit in die Entwicklung eines neuen Produktes für unsere Kunden reinstecke, oder ins Coaching meiner Mitarbeiter, oder in die Entwicklung neuer Leads, bringt das mir und meinem Unternehmen mehr als so ein Kurs in 4 oder 5 Jahren. 

Ich habe also aufgehört, weitere Videokurse für Udemy und Co zu produzieren. 

So, aber jetzt kommt der Teil der Geschichte, auf den ich hinaus will. 

Irgendwann ging mir die Verwaltung von meinem Kurs auf die Nerven. 

Udemy hat ständig die Regeln geändert und man musste ständig irgendwas anpassen. Sie haben den Kurs regelmäßig zu einem Spottpreis verschleudert. Und die Auszahlungen waren auch noch in Dollar statt in Euro, was für die Buchhaltung sehr lästig war. 

Das war mir bald die Einnahmen nicht mehr wert und daher dachte ich mir irgendwann: Ich verschenk den Kurs jetzt einfach. 

Preis runter auf Null Euro. Viel Spaß damit, alle! 

Wer will, kann sich den Kurs gerne selbst anschauen: Erfolgreich verkaufen für Selbstständige und Freelancer.

Und jetzt ist eins passiert. 

Bis dahin hatte der Kurs sehr gute Bewertungen. 

Tatsächlich war der Kurs vor der Preissenkung der bestbewertete deutsche Verkaufskurs auf Udemy. Und dort gibt es wirklich sehr viele. 

Jetzt sollte man meinen, dass  ein guter Kurs noch besser werden sollte, wenn er kostenlos ist: 

Super Kurs, und sogar geschenkt! Dankeschön!! 

Oder das sollte die paar wenigen nicht so guten Rezensionen aushebeln: 

Nicht mein Ding, aber war ja gratis.

Passiert ist nichts dergleichen. 

Im Gegenteil, die Gesamtbewertung ist dramatisch abgefallen, sobald der Kurs gratis war. 

Vom Spitzenkurs irgendwo ins Mittelfeld. 

Wie kann das sein? 

Mit ein bisschen Nachdenken kommt man leicht drauf: Man bekommt die falsche Zielgruppe.

Die Zielgruppe eines Bezahlkurses ist natürlich eine andere als die eines Gratiskurses. 

Und welche davon ist die bessere? 

Natürlich die, die gerne bezahlen: 

  • Denn die haben ein Bedürfnis, ein Thema, das sie angehen wollen. Die anderen schauen rein, weil ihnen langweilig ist. 
  • Die einen wollen was umsetzen, sonst würden sie nichts kaufen. Die anderen sind einfach nur frustriert und gefallen sich in der Rolle der Kritiker. 
  • Leute, die einen Kurs kaufen wollen, lesen sich die Beschreibung durch und schauen sich das Promotion-Video an. Die anderen sparen sich das und registrieren sich gleich. Und kommen dann mitten im Kurs drauf, dass das nicht ist, was sie sich erhofft haben und geben dann eine schlechte Bewertung. 
  • Die Kaufkunden haben kapiert, dass man für Erfolg was investieren muss. Die anderen sind enttäuscht, weil man ihnen schon wieder nicht den Schnell-reich-werden-Trick verraten hat.

An sich ist das alles ja nicht sonderlich überraschend. 

Aber wenn es einem dann selbst passiert, ist man (oder zumindest ich) eben doch überrascht. 

Billig ist fast immer problematisch. 

  • Billig lässt wenig Spielrauf für Fehler. 
  • Billig suggeriert geringen Wert. 
  • Und billig zieht ein bestimmtes Publikum an.

     

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich finde, die Strategie am Billigsten zu sein, ganz hervorragend. 

Wenn man es sein kann. Wer wie Aldi die niedrigsten Preise und gleichzeitig die höchsten Margen hat, macht einen exzellenten Job.  

Ich würde gerne der Aldi meiner Branche sein. 

Kann ich aber nicht. Ich kann mir billige Preise nicht leisten, weil sie auf Kosten meiner Marge gehen würde. 

Und nachdem es kein strategischer Vorteil im Verkauf ist, der Zweitbilligste zu sein, kann man gleich teuer sein. 

Hier ist die Lektion:

Wer gute Kunden gewinnen will, startet am besten nicht mit Gratis-Angeboten (natürlich kann ein erstes Beratungsgespräch kostenfrei sein).

Hingegen macht es viel Sinn, für Interessierte ein günstiges Einstiegsangebot zu haben, mit dem man bei Interessierten leicht einen Fuß in die Tür bekommt und sich beweisen kann.   

Aber geben Sie Ihre Leistung nicht gratis her. Denn wer nicht bereit ist, für einen ersten Schritt 1.000 Euro auszugeben, kauft später nichts um 100.000 Euro.

Wenn Sie jetzt denken: So ein Einstiegsangebot könnte auch für uns Sinn machen, dann haben Sie recht: Wenig erleichtert einen Verkaufsabschluss mehr als ein gutes Einstiegsangebot.  

Vielleicht reden wir einfach mal darüber. 
Sie erzählen mir Ihre Situation und ich sage Ihnen, was ich an Ihrer Stelle machen würde.

Hier erreichen Sie mich auf Linkedin.

Happy Selling!

P.S. Übrigens geht die Udemy-Geschichte noch weiter. 

Jemand hat nämlich meinen Kurs kopiert. 

Er hat die Folien praktisch 1:1 nachgebaut, meine Ideen inklusive meiner Beschreibungen wörtlich übernommen und bietet den Kurs auf Englisch an. 

Mit viel Erfolg, ganz viele Studenten und Top-Bewertung (er verkauft den Kurs ja auch). 

Ein Bekannter, dem ich das erzählt habe, hat gefragt, ob ich da nicht gegen ihn vorgehen will. Das ist ja ganz offensichtlich Raubkopie. 

Stimmt, ist es. Und in der Tat war das auch mein erster Impuls. 

Aber ganz ehrlich – es ist mir egal. 

Soll er ein wenig Kohle damit machen, ich hab nichts davon, wenn er nichts verdient. Er nimmt mir ja nichts weg. Zusätzlich verbreitet er gute Ideen und hilft damit anderen, ihr Unternehmen besser zu führen. 

Und ganz offen gesagt – ich find’s cool, kopiert zu werden. 

  

So nach der Art: “Hey Leute, ich gehöre jetzt auch zu denen, deren Kurse kopiert und wiederverkauft werden.” 

So ein klein wenig Eitelkeit gönn ich mir da. 

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